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Anarchismus ★


Anarchie ist und bezeichnet die Abwesenheit von Herrschaft, eine herrschaftslose Gesellschaft auf Augenhöhe. Anarchie wird oft mit Chaos und Gewalt gleichgesetzt, wobei die damit gemeinten Zustände klar als Anomie definiert sind. Dies ist jedoch kein eigentliches Missverständnis, es ist das Resultat jahrzehntelanger Desinformation und ein essentieller Teil der bewegten und leidvollen Geschichte des Anarchismus.

Anarchie und Anarchismus ist ein vielschichtiges und komplexes Thema, so wie der Mensch selbst und kann wie so vieles, nur anhand seiner Geschichte verstanden werden. Da sich die Philosophien, Ideen und Theorien des Anarchismus nicht durch ihre Homogenität auszeichnen, auf Grund eines nicht erwünschten und dadurch inexistenten Dogmatismus, sondern durch ihre Vielfältigkeit. Beschränken wir uns hauptsächlich auf den kleinsten gemeinsamen Nenner, die Anarchie als solches und den grössten gemeinsamen Nenner, die Freiheit. Anhand von ein paar Eckdaten, Ereignissen, Begrifflichkeiten und Personen werde wir versuchen das Wesen der Anarchie und die Ziele des Anarchismus, ein wenig zu erläutern. Es scheint uns auch wichtig zu  zeigen, weshalb das Wort Anarchie in seiner Geschichte immer wieder negativ behaftet wurde. Weshalb Anarchisten stigmatisiert und verfolgt und der Anarchismus zeitweise verboten wurde. Dabei ist es wichtig zu verstehen, dass jegliche Form von Herrschaftsgeschichte grundsätzlich immer von den Siegern geschrieben wird.

Das Wesen des Anarchismus ist zuallererst eine persönliche Einstellung, unabhängig von irgend einer Form von Bewegung. Viele Menschen wissen nicht dass sie Anarchisten sind, oder bezeichnen sich nicht als solche, sind aber in ihrem Wesen subversiv, freiheitsliebend und anarchistisch. Um den eigentlichen Ursprung des Anarchismus zu finden, müsste man eigentlich nur in sich hinein blicken und sich auf seine ureigenen Bedürfnisse besinnen. Eines dieser Grundbedürfnisse ist die Selbstbestimmung, eine von Geburt an in jedem Menschen angelegte natürliche Grössenordnung. Sie ist eine der grundlegenden  und starken Antriebskräfte in der Entwicklung eines Menschen. Ohne sie würden wir nur schwerlich laufen, reden und denken lernen, am offensichtlichsten und am einfachsten ist diese Tatsache an der Entwicklung von Kleinkindern zu beobachten. Der Drang nach Augenhöhe mit den Erwachsenen ist deutlich sichtbar und kann nur mit Ignoranz und Gewalt gebrochen werden, was leider zu oft geschieht.

Betrachtet man das Ganze evolutionsbiologisch, erweist sich Kooperation als Schlüssel zur Entwicklung unserer Spezies und des Lebens an sich. Nur durch Kooperation konnte aus einem Einzeller ein Mehrzeller entstehen.

Auch Empathie und Gemeinschaftssinn sind im Menschen angelegt. Diese Eigenschaften garantierten über den längsten Zeitraum der menschlichen Entwicklungsgeschichte den Fortbestand der menschlichen Spezies. Sie sind die Basis jeglicher Selbstbestimmung und somit zwangsläufig Teil eines anarchistischen Bewusstseins. Individual-Anarchismus, heisst Libertäres Gedankengut, schliesst z.B. diese Grundlagen oft aus und verkennt damit ein grundlegendes Prinzip des Lebens an sich. Wo im Gegensatz dazu andere Formen des Anarchismus das Gemeinwesen in den Vordergrund stellen, wie z.B. der Anarcho-Syndikalismus, der kollektive Anarchismus oder auch der kommunistische Anarchismus. Hier zeigt sich wie vielfältig und auch wie widersprüchlich das Wesen des Anarchismus sein kann.

 

Die Geschichte des Anarchismus


8.-3. Jh. v. Chr.

Erste Erwähnung findet das Wort Anarchie im alten Griechenland als Anarchia, was den Zustand von Herrschaftslosigkeit beschreibt. Das Wort setzt sich in seiner Deutung aus 'an' Verneinung und 'archia' Herrschaft zusammen. [accordion] [item title="..."] Dieser Ausdruck fand im antiken Griechenland Anwendung auf verschiedenste Zustände und Gegebenheiten, aber grundsätzlich immer im Zusammenhang mit Herrschaftslosigkeit. In den Erzählungen von Homer und Herodot wird Anarchia im Zusammenhang mit führerlosen Soldaten erwähnt. Bei Zenon von Kition (ca. 333–262 v. Chr.), welcher die Natur und das Wesen des Menschen in Verbindung mit staatenloser Gemeinschaft brachte und das Ideal von Platon (428-348 v. Chr), der absoluten Staatsmacht kritisierte, oder Diogenes von Sinope (ca. 400 – 324 v. Chr.) welchem Herrschaftsstrukturen genauso widerstrebten, fand der Begriff eine eher positive Anwendung. Bei den Erwähnungen von Xenophon (ca. 580-480 v. Chr.) und Euripides (480–407 v. Chr.) im Bezug auf den Peleponesischen Krieg zwischen Sparta und Athen von 431 v. Chr. bis 404 v. Chr. und der daraus resultierenden vorübergehenden Herrschaft der 30 Tyrannen, steht Anarchia im Zusammenhang mit der Befreiung von den Allmachtsansprüchen und der Herrschaft Athens. Bei Aristoteles findet das Wort Anarchia, in einer für ihn deutlich negativen Form, mit Sklaven ohne Herren seine Anwendung. [/item] [/accordion]

6. Jh. v. Chr.

Erstes offensichtlich anarchistisches Gedankengut findet sich im Taoismus (Daoismus) und im Tao Te King, dem Hauptwerk des Laotse (Laozi, vermutlich 6. Jh. v. Chr.). Der Taoismus lehnt Herrschaft grundsätzlich ab und strebt ein Leben im Einklang mit der Natur an. [accordion] [item title="..."] Der Taoismus kannte keine Priesterkaste, lehnte Regierungen ab und entwickelte im laufe der Zeit ein System politischer Ethik. Er kannte auch keine Kulte und strebten ein Leben in natürlicher, spontaner Harmonie zwischen Mensch und Natur an. Der Daoismus war auch die wichtigste Gegenströmung zum autoritären und bürokratischen Konfuzianismus, der später zur chinesischen Staatsreligion wurde. Noch klarer sind die anarchistischen Tendenzen in den Schriften des chinesischen Philosophen Zhuangzi (ca. 365–290 v. Chr.). Er lehnte jede Form der Regierung ab und beschrieb im Gegensatz dazu eine taoistische Idealgesellschaft von freien, selbstbestimmten Individuen. Das persönliche Wohlergehen jedes einzelnen Menschen wachse in dem Maße, wie es der Allgemeinheit wohl ergehe, schrieb Zhuangzi beispielsweise in seinem Werk Huai Nan Tzu. Ähnliche anarchistische Elemente findet man auch im ursprünglichen Buddhismus, insbesondere in der Tradition des Zen-Buddhismus. [/item] [/accordion]

6.-15. Jh.

Niccolò Machiavelli (1469-1527) war es im Mittelalter, welcher in Anlehnung an Aristoteles,  der Anarchie eine weitere negative Färbung verpasste. Er bezeichnete sie in seiner Staatstheorie als eine der drei negativen Herrschaftsformen, neben Tyrannei und Oligarchie. Ihnen stellte er die für ihn guten Herrschaftsformen wie Monarchie, Aristokratie und Demokratie gegenüber. [accordion] [item title="..."] Was bei Machiavelli nicht weiter erstaunt. Versteht man ihn im Kontext seiner Zeit, liest man seine Schriften als Momentaufnahme und versteht sie nicht als Normativ, lernt man viel über Machtpolitik und wie ihr zu begegnen ist. Sein Ruf nach rigider Staatsräson, einer harten Hand, militärischen Interventionen und False Flag-Operationen, scheint bei den Vertretern der momentanen Hegemonialmacht, dem US-Imperium, auf offene Ohren zu stossen. Ihre Vorlieben für rigide Macht- und Lügenpolitik, Populismus und totale Dominanz sind unverkennbar. Wie Macchiavelli, verteufelt auch die Propagandamaschinerie des neuen Imperiums den Anarchismus, nicht zufällige sind 99,9% der Produktionen aus Hollywood zum Thema Anarchie ungeniessbar. Der Grundtenor ist Chaos und Gewalt, ohne Sinn und Zweck. [/item] [/accordion]

16. Jh.

Étienne de La Boétie wird als einer der Vordenker des Anarchismus und zivilen Ungehorsams bezeichnet. Seine Abhandlung von der freiwilligen Knechtschaft, enthält bereits Kernthesen und Aufforderungen zum Handeln, die es in sich haben. [accordion] [item title="..."] Seid entschlossen, nicht mehr zu dienen, und ihr seid frei!" oder: „Diesmal möchte ich nur erklären, wie es geschehen kann, dass so viele Menschen, so viele Dörfer, Städte und Völker manchesmal einen einzigen Tyrannen erdulden, der nicht mehr Macht hat, als sie ihm verleihen, der ihnen nur insoweit zu schaden vermag, als sie es zu dulden bereit sind, der ihnen nichts Übles zufügen könnte, wenn sie es nicht lieber erlitten, als sich ihm zu widersetzen.“ oder als rethorische Fagestellung: „Wie kommt er zur Macht über euch, wenn nicht durch euch selbst? Wie würde er wagen, euch zu verfolgen, wenn ihr nicht einverstanden wärt?“
The Politics of Obedience: The Discourse of Voluntary Servitude:
https://mises.org/library/politics-obedience-discourse-voluntary-servitude
[/item] [/accordion]

1649

Auf Grund grosser sozialer Unruhen, entstand in England die religiös-anarchistische Bewegung der True Levellers, die bereits zwei Jahre später von der Obrigkeit niedergeschlagen wurde. [accordion] [item title="..."] Die True Levellers (Diggers) waren eine Abspaltung der Levellers, sie wollten im Gegensatz zu den Levellers nicht nur eine politische Gleichheit, sondern auch eine ökonomische. Sie waren eine christlich orientierte frühkommunistische Dissidenten-Bewegung. Eine ihrer radikalen Forderungen war es Handel und Geldwirtschaft abzuschaffen. [/item] [/accordion]

1793

William Godwin nahm in seinem Hauptwerk Enquiry concerning political justice bereits nahezu alle wesentlichen Punkte der anarchistischen Theorie vorweg. [accordion] [item title="..."] Er gilt als Begründer des politischen Anarchismus und war der Ansicht, dass jegliche Art von bevormundender Gewalt ein Eingriff in die private Urteilskraft ist. Er war der Überzeugung, dass die einzige Herrschaft die ein Mensch akzeptieren sollte, die Vernunft ist. Er lehnte Gewalt als Mittel zum Zweck ab und war der Meinung, dass eine gewaltätige Revolution nur zu neuer Autorität führen wird, da sie nicht von Vernunft, sondern von Leidenschaft geprägt ist. Stattdessen sollte die Revolution durch Gerechtigkeit herbeigeführt werden. [/item] [/accordion]

1840

Pierre-Joseph Proudhon beschreibt als Erster die wesentlichen Elemente des Anarchismus. Er bezeichnet sich selbst als Anarchisten. [accordion] [item title="..."] Ebenso wie Proudhon setzten sich Michail Bakunin (der später den kollektivistischen Anarchismus entwickelte) und Pjotr Alexejewitsch Kropotkin (kommunistischer Anarchismus) in Briefen und Gesprächen mit Karl Marx und seinen Theorien auseinander. Hauptkritikpunkt an Marx waren dessen Forderung nach staatlichen Hierarchien. Dieser Dissenz führte 1876 zur Auflösung der ersten Internationalen Arbeiterassoziation (IAA) und dem Kommunistisch-Anarchistischem Schisma. [/item] [/accordion]

1870

Ab den späten 1870er Jahren wurden anarchistische Aktionen und Taten mit Vorbildcharakter als Propaganda der Tat bezeichnet. In der Bevölkerung setzte sich aufgrund einer Vielzahl von Anschlägen und Attentaten (bspw. auf Zar Alexander II) das Bild des anarchistischen Gewaltverbrechers durch, das seit dem mit dem Begriff des Anarchismus assoziiert wurde. [accordion] [item title="..."] Von da an begannen die systematischen Verfolgungen durch Regierungen und Monarchien weltweit. Als einer der ersten formulierte der italienische Revolutionär Carlo Pisacane die Idee, die später als Propaganda der Tat bekannt wurde. In seinem Politischen Testament schrieb er 1857, dass Ideen aus Taten entspringen und nicht umgekehrt. Das Konzept und der Ausdruck „Propaganda der Tat“ stammen vom französischen Anarchisten und späteren Possibilisten Paul Brousse. Das Konzept fand durch einen Zeitungsartikel gleichen Namens vom August 1877 große Beachtung und Verbreitung in anarchistischen Kreisen. Als Beispiele für die Propaganda der Tat nannte Brousse die Pariser Kommune, den Matese-Aufstand in Italien und eine Arbeiterdemonstration in Bern am 18. März 1877, bei der man erstmals eine rote Fahne benutzte. Neben der bisherigen theoretischen Propagierung anarchistischer Ideen forderte er auch eine Propaganda der Tat, mit der man den Menschen in der Praxis klarmachen sollte, was man erreichen will. [/item] [/accordion]

18.-20. Jh

Ludwig Börne sprach sich Ende des 18., Anfang des 19. Jahrhunderts im deutschsprachigen Raum als Erster für Anarchie in der Gesellschaft aus. [accordion] [item title="..."] „Nicht darauf kommt es an, dass die Macht in dieser oder jener Hand sich befinde: die Macht selbst muss vermindert werden, in welcher Hand sie sich auch befinde. Aber noch kein Herrscher hat die Macht, die er besass, und wenn er sie auch noch so edel gebrauchte, freiwillig schwächen lassen. Die Herrschaft kann nur beschränkt werden, wenn sie herrenlos – Freiheit geht nur aus Anarchie hervor. Von dieser Notwendigkeit der Revolution dürfen wir das Gesicht nicht abwenden, weil sie so traurig ist. Wir müssen als Männer der Gefahr fest ins Auge blicken und dürfen nicht zittern vor dem Messer des Wundarztes. Freiheit geht nur aus Anarchie hervor – das ist unsere Meinung, so haben wir die Lehren der Geschichte verstanden.“ [/item] [/accordion]

Immanuel Kant (1724-1804)

Immanuel Kant verstand das eigentliche Wesen der Anarchie und bezeichnete sie als Gesetz und Freiheit ohne Gewalt.  [accordion] [item title="..."] In Kants Verständnis ist ein Anarchist jemand, der frei sein will von der Herrschaft anderer und es aus freiem Willen ablehnt, über andere zu herrschen. [/item] [/accordion]

Michail Alexandrowitsch Bakunin (1814-1876)

Michail Alexandrowitsch Bakunin, einer der Pioniere des Kollektiven Anarchismus und Karl Marx (1818-1883), der Kommunismus-Theoretiker schlechthin, kollidierten mit ihren Ansichten immer wieder. Bakunin kritisierte Marx unter anderem mehrfach für sein allzu autoritäres Revolutions- und Sozialismusverständnis. [accordion] [item title="..."] Eine erwähnenswerte Ausnahme ist die Definition von Anarchie, in der von Marx und Engels verfassten Schrift "Die angeblichen Spaltungen in der Internationale", in der sie den Begriff Anarchie wie folgt definieren: "Alle Sozialisten verstehen unter Anarchie dieses: Ist einmal das Ziel der proletarischen Bewegung, die Abschaffung der Klassen erreicht, so verschwindet die Gewalt des Staates, welche dazu dient, die grosse produzierende Mehrheit unter dem Joche einer wenig zahlreichen ausbeutenden Minderheit zu halten, und die Regierungsfunktionen verwandeln sich in einfache Verwaltungsfunktionen." Michail Bakunin sollte insofern recht behalten, dass man die Umsetzung des Kommunismus definitiv nicht als gelungen bezeichnen kann. In weiser Voraussicht  schrieb er diese Zeilen: "Vorzugeben, dass eine Gruppe von Individuen, seien es die Intelligentesten und die mit den besten Absichten, in der Lage ist, die Seele, der leitende und vereinigende Wille der revolutionären Bewegung und Wirtschaftsorganisation des Proletariats aller Länder zu werden, ist eine solche Ketzerei gegen den Gemeinsinn, dass man mit Erstaunen fragt, wie ein so intelligenter Mensch wie Herr Marx das hat denken können. Die Einrichtung einer universellen Diktatur würde genug sein, die Revolution zu töten, alle Volksbewegungen zu lähmen und zu verfälschen. Man kann das Etikett wechseln, das unser Staat trägt, seine Form - aber im Grunde bleibt er immer der gleiche. Entweder müsse man diesen Staat zerstören oder sich mit der schändlichsten und fürchterlichsten Lüge, die unser Zeitalter hervorgebracht hat, versöhnen: der roten Bürokratie!" „Ich verabscheue den Kommunismus, weil er die Negation der Freiheit ist, und weil ich mir nichts menschenwürdiges ohne Freiheit vorstellen kann. Ich bin deshalb nicht Kommunist, weil der Kommunismus alle Macht der Gesellschaft im Staat konzentriert und aufgehen lässt, weil er notwendig zur Zentralisation des Eigentums in den Händen des Staates führen muss, während ich die radikale Abschaffung des Staates wünsche, die radikale Ausrottung des Autoritätsprinzips und der Vormundschaft des Staates, die unter dem Vorwand die Menschen sittlich zu erziehen und zu zivilisieren, sie bis heute versklavt, unterdrückt, ausgebeutet und verdorben hat Ich wünsche die Organisierung des sozialen Eigentums von Unten nach Oben auf dem Weg über die freie Assoziation und nicht von Oben nach Unten mit Hilfe irgendeiner Autorität, wer immer sie sei.“  [/item] [/accordion]

Pjotr Alexejewitsch Kropotkin (1842-1921)

Pjotr Alexejewitsch Kropotkin hinterließ viele Schriften, darunter die revolutionäre Schrift Die Eroberung des Brotes und sein wissenschaftliches Werk Gegenseitige Hilfe in der Tier- und Menschenwelt. [accordion] [item title="..."] Kropotkin kämpfte für eine gewalt- und herrschaftsfreie Gesellschaft und gilt als einer der einflussreichsten Theoretiker des kommunistischen Anarchismus. Aufgrund seiner adeligen Herkunft und seiner Bekanntheit als Anarchist des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts wurde Kropotkin auch der anarchistische Fürst genannt. "Nur durch beständige Ausführung des scheinbar Unmöglichen kann der Erfolg gesichert werden." [/item] [/accordion]

Errico Malatesta (1853-1932)

Errico Malatesta stand der Theorie des Kollektivistischen Anarchismus nach Bakunin nahe und gilt als einer der bedeutendsten Aktivisten der anarchistischen Bewegung Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts in Italien als auch europaweit. Malatesta engagierte sich, obwohl er der Sohn wohlhabender Eltern war, schon früh politisch. [accordion] [item title="..."] Im Jahr 1867, im Alter von 14 Jahren wurde er wegen eines Schreibens an König Viktor Emanuel II., in dem er sich über Ungerechtigkeiten der örtlichen Behörden beschwerte, zum ersten Mal festgenommen. Malatesta hatte zunächst Medizin studiert, aber schon früh den Entschluss gefasst, sein Leben ganz der sozialen Revolution zu widmen. 1871 warf man Malatesta wegen Teilnahme an einer Demonstration von der Universität. Er trat der italienischen Sektion der Internationale bei. Im selben Jahr wurde Friedrich Engels zum Sekretär der italienischen Internationale ernannt. 1872 traf Malatesta Michail Bakunin anlässlich der Antiautoritären Internationalen im schweizerischen Saint-Imier. Malatesta war einer der international bekanntesten Anarchisten seiner Zeit. Da er von der Polizei fast ganz Europas gesucht, überwacht, festgenommen, ausgewiesen oder inhaftiert wurde, war er beinahe eine legendäre Figur. Dabei distanzierte er sich von dem gerade in Italien weit verbreiteten individuellen Terror der anarchistischen Bewegung und forderte stattdessen wirkungsvollere kollektive Kampfformen. Hierbei lehnte Malatesta auch die Gewalt als politisches Mittel und als Antwort auf die Gewalt der Herrschenden nicht ab. ...aber vergessen wir nie, das wir Anarchisten weder Rächer noch Richter sein können, wir wollen Befreier sein und als solche muss unsere Aktion in Aufklärungsarbeit und beispielhaften Taten bestehen." [/item] [/accordion]

Emma Goldman (1869-1940)

Emma Goldman war eine vor allem in den Vereinigten Staaten und Europa aktive Anarchistin, Friedensaktivistin, Antimilitaristin, Atheistin und feministische Theoretikerin. [accordion] [item title="..."] Goldman spielte eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung einer anarchistischen politischen Philosophie in den USA und in Europa in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Sie emigrierte im Alter von 17 Jahren in die USA und wurde später nach Russland deportiert, wo sie Zeugin der Auswirkungen der Russischen Revolution von 1917 wurde. Sie verbrachte einige Jahre in Südfrankreich, wo sie ihre Autobiographie Gelebtes Leben und andere Werke verfasste, ehe sie 1936 am Spanischen Bürgerkrieg als englischsprachige Vertretung der Federación Anarquista Ibérica (FAI) in London teilnahm. Sie gilt als herausragende Figur sowohl des US-amerikanischen Anarchismus als auch der frühen US-amerikanischen Friedensbewegung. Ihre Schriften beschäftigen sich mit einer Vielzahl von Themen, darunter Gefängnissen, Atheismus, Redefreiheit, Militarismus, Kapitalismus, Ehe, Freie Liebe und Homosexualität. Sie hat neue Wege gefunden, die Geschlechterfrage in den Anarchismus zu integrieren. [/item] [/accordion]

Buenaventura Durruti (1896-1936)

Buenaventura Durruti war ein spanischer Anarchist, Syndikalist und Revolutionär. Als gewählter Führer einer republikanischen Elitekolonne war er eine der zentralen Figuren im Spanischen Bürgerkrieg. [accordion] [item title="..."] „Wir sind es, die wir diese Städte und Paläste - hier in Spanien und in Amerika und überall - gebaut haben. Wir Arbeiter können andere Städte und Paläste an ihrer Stelle aufrichten. Und sogar bessere. Wir haben nicht die geringste Angst vor den Trümmern. Wir werden die Erben dieser Erde sein... hier in unseren Herzen, tragen wir eine neue Welt. Jetzt, in diesem Augenblick, wächst diese Welt.“ [/item] [/accordion]

20. Jh. Die Zeit der Revolutionen

Bewusstsein und Systemverständnis wuchsen, ebenso die Wut und der Hass auf die Unterdrücker, das Stockholmsyndrom schwand und es begann die Zeit der Revolutionen... [accordion] [item title="..."] [/item] [/accordion]

Mexikanische Revolution

Unter der Führung Emiliano Zapatas kämpft eine anarchistische Bauernarmee von 1910 bis 1919 in der Mexikanischen Revolution. [accordion] [item title="..."] Ihr Schlachtruf "Tierra y Liberdad" (Land und Freiheit) sowie Zapatas Leitspruch "Besser aufrecht sterben, als auf Knien leben" verdeutlichen die Ernsthaftigkeit ihrer Absichten, sich von der Herrschaft der Oligarchie zu befreien. [/item] [/accordion]

Oktoberrevolution

Während der Oktoberrevolution 1917 in Russland kämpften Anarchisten an der Seite der Bolschewiki und anderen sozialistischen Kräften. Was mit der Oktoberrevolution so hoffnungsvoll begonnen hatte, wurde nach der Machtübernahme der Bolschewiki zum Albtraum. Ein Grossteil der anarchistischen Kämpfer wurde verfolgt, inhaftiert, getötet oder ins Exil getrieben. [accordion] [item title="..."] [/item] [/accordion]

Machno-Bewegung

Die nach ihrem Anführer Nestor Machno benannte Bauern- und Partisanenbewegung Machnowschtschina oder Machno-Bewegung versuchte zwischen 1917 und 1921 in der Ukraine eine anarchistische Republik durchzusetzen. Die Machnowschtschina fiel gegen Ende der russischen Revolution Säuberungsaktionen der Bolschewiki zum Opfer. [accordion] [item title="..."] Obwohl die Machnotschina, die Verwaltung der Mittelmächte vertrieben hatte, die Weisse Armee zurück gedrängt und der Roten Armee zeitweilig trotzen konnte, konnte sie die trotz Kriegswirren und Hungersnöten bestens funktionierenden, nach anarchistischem Muster verwalteten Kommunen nicht schützen. Die Machno-Bewegung wurde schlussendlich von den Bolschewiki und ihrer Roten Armee gnadenlos bekämpft und zerschlagen. [/item] [/accordion]

Bayerische Räterepublik

1919 wurde in München die Bayerische Räterepublik ausgerufen, zu deren Räten unter anderem Gustav Landauer und der Dichter Erich Mühsam gehörten. Die Räterepublik wurde mit Hilfe rechtsextremer Freikorps niedergeschlagen. [accordion] [item title="..."] Wer hat uns verraten? Sozialdemokraten! [/item] [/accordion]

Kronstädter Matrosenaufstand

Im März 1921 rebellieren die russischen Matrosen in der Festungsstadt Kronstadt. Die Rebellion wird von den Bolschewiki blutig niedergeschlagen. [accordion] [item title="..."] [/item] [/accordion]

Spanischer Bürgerkrieg

Im Spanischen Bürgerkrieg, der in den Jahren von 1936 bis 1939 zwischen verschiedenen Gruppen der Republikaner und der faschistischen Bewegung unter General Franco stattfand, wirkte der Anarchismus bisher am stärksten. [accordion] [item title="..."] Insbesondere die mitgliederstarke und einflussreiche anarchosyndikalistische Gewerkschaft Confederación Nacional del Trabajo (CNT) kontrollierte mit ihrem militanten Arm, der anarchistischen Federación Anarquista Ibérica (FAI), große Teile des östlichen Spaniens. Die spanische Republik wurde von Franco mit Unterstützung des faschistischen Italiens und des Deutschen Reiches niedergeschlagen. [/item] [/accordion]

Die Wandlung des Anarchismus

Das Scheitern oder die Instrumentalisierung der Revolutionen büssten viele Anarchisten mit Flucht, Vertreibung, Inhaftierung und Tod. In der Folge wurde es stiller um den Anarchismus und seine Ideen, tot war er deswegen aber noch lange nicht. Ideen kann man nicht töten, erst recht nicht wenn sie auf menschlichen Grundbedürfnissen basieren. Auch auf Grund seiner Vielseitigkeit, seiner verschieden Strömungen und der weltweiten Verbreitung besteht eine gewisse Resilienz. Der Anarchismus wandelte und entwickelte sich weiter, seine Erscheinung wurde noch vielfältiger. Ein Beispiel hierfür ist die friedliche Revolution der Flower Power-Bewegung der 60er und 70er Jahre, ihr Einfluss auf die Gesellschaft der damaligen Zeit und nachfolgende Generationen. Aus heutiger Sicht müssen jegliche staatlichen Interventionen und systemischen Gegenbewegung zur damaligen Aufbruchsstimmung, als reaktionär und rückwärtsgewandt bezeichnet werden. Diese Interventionen verfehlten ihr Ziel nicht, das System fing seine Schäfchen wieder ein und aus anarchistischen naturliebenden Hippies wurden unter anderem linientreue und karrieregeile Manager, Banker und Politiker. Doch wiederum überlebte die Idee einer Gesellschaft auf Augenhöhe.


In den 1960er Jahren rückte der Anarchismus mit den weltweiten Studentenbewegungen und der Flower Power Hippie-Bewegung wieder ins Blickfeld des öffentlichen Interesses. Die anarchistische Love, Peace and Happiness Revolution und weltweite Studentenrevolten, hauchten dem Anarchismus neues Leben ein.  Die neu formierten anarchistischen Strömungen wurden in der Folge unter dem Überbegriff Neo-Anarchismus zusammengefasst.

Seit Ende des 20. und Anfangs des 21. Jahrhunderts existieren auf der ganzen Welt lokale anarchistische Gruppierungen, verschiedener Strömungen, mit unterschiedlichen Organisationsstrukturen und Aktivitäten. Es sind dies unter anderem Aktivitäten wie die Herausgabe von Zeitungen, Umsetzung direkter Aktionen und die Umsetzung von anarchistischen Wohn- und Arbeitskollektiven. Der Anarchismus hatte durch seine "Wiedergeburt" auch seinen Einfluss auf verschiedene Subkulturszenen, wie z.B. auf die Autonome- und Punkszene. Insbesondere die Anarcho-Punk-Szene gilt als stark vom Anarchismus beeinflusst, aber auch Hausbesetzer-, Sozial- und Ökobewegungen liessen sich anarchistisch inspirieren.
 
Der politische Einfluss des Anarchismus beschränkt sich in der Regel auf die lokalpolitische Ebene. Die Aussicht, Veränderungen durch Teilnahme an formellen politischen Prozessen in den gegebenen Strukturen zu bewerkstelligen, beschränkt sich auf ein realistisches Minimum, Priorität haben Aktionismus und Aufklärung. Und Aufklärung tut Not, besonders was den Begriff Anarchie angeht! Sogenannte Qualitätsmedien, deren Aufgabe es unter anderem wäre zu bilden und aufzuklären, beschränken sich unterdessen mehrheitlich nur noch auf die Disziplinen Propaganda, Desinformation, Nichtinformation und Fake News. Ein paar Beispiele für unterirdisches Verständnis und bewusste Manipulation durch Mainstream Medien, zum Thema Anarchie:
 
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So sehen reisserische Schlagzeilen aus, die mit Absicht und/oder mit mangelhaftem Sachverstand im Auftrag von Geldgebern verfasst werden. Nie ist die Rede von Anomie, was die benannten Zustände treffender nicht beschreiben könnte und zufälliger Weise sind es immer negative Assoziationen die in Verbindung mit Anarchie geschürt werden. Mangelhafte Bildung, kann in sogenannt zivilisierten Wertegemeinschaften als Ursache mehrheitlich ausgeschlossen werden und da wir uns in einer Herrschaftsstruktur befinden, muss davon ausgegangen werden, dass die Qualität und der Grad an Desinformation erwünscht ist.


Zieht man auch die Geschichte der sogenannten Menschheit in Betracht, muss einem klar werden, dass all die Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Massen- und Völkermorde definitiv nicht von Anarchisten begangen wurden und nichts mit Anarchie zu tun haben können. Sie wurden alle samt und sonders in und von staatlich organisierten Konstrukten und deren ausführenden Organen begangen. Diese Verbrechen standen so gut wie immer in Verbindung mit Herrschaft, Herrschaftsstrukturen, territorialen Machtansprüchen, Ressourcen und Rohstoffen. Die Kriege für Ruhm und Ehre, wenn sie jemals geführt wurden, sind längst die Geschichte der Geschichte.

Im Zeitalter des unverblümten Staats- und Konzernterrors angelangt, steht der Anarchismus noch immer als Gegenkonzept zu gängigen Herrschaftsstrukturen. Es sind zwar nicht mehr die Feudalherren und deren Herrschaft gegen die es sich in Stellung zu bringen gilt, es sind die transformierten feudalistischen Strukturen, die moderne Sklaverei die es vorrangig zu bekämpfen gilt. Die Strukturen sind unterdessen derart stabil und die Personen sind beliebig austauschbar, dass es sich nicht mehr lohnt auf den Mann zu spielen. Deshalb haben Neo-Anarchisten im allgemeinen das System im Visier und dessen erneute Transformation, aber dieses Mal ohne die Herrschaften. Die «Pyramide» muss so weit abgetragen werden, dass sie für alle einigermassen den selben Nutzen hat, 2+2=4 für alle, immer und überall!

M.K.X.

Anmerkung der Redaktion: Der Einfachheit halber wird vom Autor im gesamten Text die männliche Form verwendet; die weibliche Form und die daraus resultierenden Auswirkungen sind selbstverständlich eingeschlossen.

Die Geschichte & Philosophie des Anarchismus - Mit Dr. Peter Seyferth
[table color="theme4"] [row] [heading][/heading] [heading][/heading] [/row] [/table] [accordion] [item title="#Video Info"icon="fa fa-film"] Die Geschichte & Philosophie des Anarchismus - Mit Dr. Peter Seyferth
In diesem von acTVism Munich präsentierten Video spricht der politische Philosoph, Anarchist und Autor Dr. phil. Peter Seyferth über die Geschichte des Anarchismus – die Evolution dieser Idee, die einflussreichsten Denker und die moderne Form. [/item] [/accordion]

Empfohlene Artikel, Dokumente und Videos zum Thema:

last updated 17.07.2020
The Politics of Obedience: The Discourse of Voluntary Servitude
https://mises.org/library/politics-obedience-discourse-voluntary-servitude
Von der freiwilligen Knechtschaft des Menschen


to be continued...

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